BIOGRAFIE


Georg Rörer wurde am 1. Oktober 1492 im niederbayerischen Deggendorf geboren. Über seine familiären Hintergründe sowie seine Schulausbildung ist nichts bekannt. In jedem Fall muss er über ausreichende Lateinkenntnisse verfügt haben, um im Sommer 1511 sein Studium an der Universität Leipzig aufnehmen zu können. Vielleicht hielt er sich dort zu dem kleinen Kreis der Humanisten um Petrus Mosellanus und Richard Crocus. Aus der Studienzeit rühren seine freundschaftlichen Beziehungen zu Caspar Cruciger, Joachim Camerarius, oder Stephan Roth her. In Leipzig erwarb er die akademischen Grade des Baccalaureus artium (1515) und Magister artium (1520).

Ab 1522 lebte Rörer in Wittenberg, um sein Studium fortzusetzen. Bald begann er, die Vorlesungen und Predigten Luthers mitzuschreiben. Dabei erwarb er sich offensichtlich das Vertrauen Luthers, der ihn 1525 zum Diakon der Witteberger Stadtkirche ordinierte. Dies wird als erste Ordination der Wittenberger Reformation angesehen. 1526 heiratete er Hanna Bugenhagen, die Schwester des Pfarrers an der Wittenberger Stadtkirche Johannes Bugenhagen. Sie erlag aber während der Pest 1527 dieser Krankheit. Bereits 1528 heiratete Rörer erneut. Über seine zweite Frau Magdalene, die ihn überlebte, ist bislang nur wenig bekannt. Aus der ersten Ehe stammte der Sohn Paul, aus der zweiten die Kinder Johannes, Stephan und Anastasia.

Rörers Bedeutung liegt in der Überlieferung der Werke Luthers. Er schrieb seine Vorlesungen und Predigten nicht nur mit, sondern gab auch dieses Material in überarbeiteter Form als Buch heraus. Diesen Prozess kann man sehr gut an Luthers Vorlesung über den Galaterbrief von 1531 (Ms.Bos.q.24d) und der Druckfassung von 1535 zeigen (vgl. WA 40/I und II). Rörers Tätigkeit des Sammelns, die sich auch auf Tischreden und Briefe sowie Werke anderer Wittenberger Theologen bezog, wurde bereits von seinen Zeitgenossen gerühmt. Dadurch wurde seine Sammlung in zunehmendem Maße bedeutsam und begehrt. Luther selbst äußerte sich darüber lobend. Rörers Fähigkeit, wörtliche Rede schnell und präzise mitschreiben zu können, machte ihn auch zum Protokollanten der Bibelrevision. 1537 wurde er bei Beibehaltung seines Gehalts von der Stelle als Diakon entbunden und nur für die Arbeit der Überlieferung der Werke Luthers freigestellt. Gemeinsam mit Caspar Cruciger brachte er auch den ersten lateinischen Band der Wittenberger Werkausgabe des Reformators 1539 heraus.

Nach Luthers Tod bemühte er sich weiterhin um die Edition der Werke des Reformators. Er erlebte gemeinsam mit Bugenhagen und anderen die Einnahme Wittenbergs im Schmalkaldischen Krieg 1547. Seine Haltung während der Interimistischen Streitigkeiten bleibt etwas unklar. Einerseits hörte er Melanchthons Vorlesungen in Wittenberg und protokollierte sie genau mit. Andererseits gab er in Magdeburg zwei Luthertexte aus seiner Sammlung heraus, denen Vorreden beigegeben waren, die sich deutlich gegen das Interim aussprachen. So verwundert es nicht, dass er überlegte, nach Dänemark zu gehen, wo er sich und seine Sammlung vor kaiserlichem oder päpstlichem Zugriff sicher glaubte. Im April 1551 kam er in Dänemark an. Doch das Klima bekam seiner Gesundheit nicht. Außerdem gab es keine klare Aufgabe für ihn.

Im Jahr 1553 erhielt er einen Brief seines ehemaligen Landesherrn, Johann Friedrich von Sachsen, in dem er  zur Rückkehr nach Jena aufgefordert wurde. Hier wurde er im Umfeld der 1548 als "Akademie" ins Leben gerufenen und 1557 privilegierten Jenaer Universität der Bearbeiter der Jenaer Lutherausgabe, die in Konkurrenz zur Wittenberger entstand. In Jena starb Georg Rörer am 24. April 1557.